Gedenkkundgebung und antifaschistische Demo in Moabit

Die Zeitung zur diesjährigen Gedenkkundgebung und Antifa-Demo kann hier heruntergeladen werden. Wir sind mit einem Beitrag zu den aktuellen Erscheinungsformen des deutschen Antisemitismus im Heft vertreten. Den kompletten Aufruf gibt es zum Nachlesen bei der Antifaschistischen Initiative Moabit

Kein Vergessen. Kein Vergeben. Antisemitismus und Rassismus bekämpfen!

 

Die Gewalt der Novemberpogrome vom 7. -13. November 1938 fand am 9. November ihren vorläufigen Höhepunkt. Überall in Deutschland und Österreich brannten die Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden überfallen, demoliert und geplündert. Jüdinnen*Juden wurden von den Nazis gedemütigt und geschlagen, vergewaltigt und ermordet. Etwa 30.000 Männer* wurden verhaftet und in Konzentrationslager und Gefängnisse verschleppt.

Die Pogrome stellten eine weitere, entscheidende Radikalisierung der antijüdischen Politik des NS-Regimes dar. Der NS-Antisemitismus wurde nach den Novemberpogromen immer gewalttätiger und gipfelte letztlich in dem Versuch, alle Jüdinnen*Juden Europas gezielt und umfassend zu ermorden. Bis 1945 ermordeten die Nazis sechs Millionen Jüdinnen*Juden.

Dem Gedenken an die deutschen NS-Verbrechen auch weiterhin Gehör zu verschaffen sowie Konsequenzen daraus einzufordern, bleibt die wichtigste Aufgabe für alle Antifaschist*innen. Der ehemalige Vize-Präsident des Internationalen Buchenwald-Komitees, Emil Carlebach, brachte es anlässlich der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Befreiung auf den Punkt: „Zu Frieden und Freiheit aber gehört auch die Tradition des Kampfes gegen den Faschismus, gegen Antisemitismus und Herrenmenschentum. In diesem Kampfe waren wir vereint, in diesem Kampfe bleiben wir vereint.“ In diesem Sinne hoffen wir, möglichst viele von Euch am 9. November auf der Gedenkdemonstration in Moabit zu sehen.

 

Es werden die Überlebenden Vera Friedländer (* 27. Februar 1928) und Andree Leusink (* 14. Mai 1938 in Frankreich) sprechen.
Vera Friedländers Mutter war Jüdin, ihr Vater Christ. Als Anfang Maerz 1943 ihre Mutter im Rahmen der „Fabrikaktion“ in der Grossen Hamburger Strasse in Berlin festgehalten wurde, harrte sie als 15-Jaehrige mit ihrem Vater viele Stunden vor der Gestapo-Sammelstelle aus. Gluecklicherweise gelang es, ihre Mutter und die anderen festgenommenen Juden*Jüdinnen wieder freizubekommen. Ihr Vater wurde später wegen „Rassenschande“ in einem Lager bei Merseburg bis zum Kriegsende inhaftiert.
Andree Leusink (* 14. Mai 1938 in Frankreich) ueberlebte als verstecktes Kind den Holocaust in Frankreich, wohin sich ihre Eltern vor den Nazis geflüchtet hatten und in der Schweiz. Heute ist sie aktiv in der antifaschistischen Bewegung, darunter den „Child Survivors Deutschland – Ueberlebende Kinder der Shoah“ und der VVN-BdA Berlin-Pankow.

Am Sonntag, den 9.November 2014, 14 Uhr

Auftaktkundgebung am Mahnmal Levetzowstrasse (U-Bhf Hansaplatz, S-Bhf Tiergarten)

Anschließend wird es eine antifaschistische Demonstration zum Mahnmal an der Putlitzbruecke (S-Bhf Westhafen) geben.

Veranstaltungsreihe „Wem gehört die Stadt?“

„Feministische Stadtplanung“ – Vortrag mit Sybille Bauriedl

Bereits in den 1970er Jahren sah der Marxist und Soziologe Henri Lefebvre in der Architektur von Hochhäusern und anderen Prachtbauten den Ausdruck einer phallokratischen Macht und Arroganz. Ebenso wie kapitalistische Wohn- und Eigentums-, sowie Produktionsverhältnisse schlägt sich die patriarchale Herrschaft in der Gestalt unserer Städte nieder. Dies zeigt sich nicht nur im Geschlecht der Mehrheit von Stararchitekten, Stadtplanern und Politikern, sondern auch darin, wie ‚männlich‘ oder ‚weiblich‘ konnotierte Orte in das Stadtbild eingebunden werden, welche Orte Menschen zugewiesen werden, die nicht in das Raster von binären Geschlechteridentitäten fallen, aber auch in der unterschiedlichen Betroffenheit von Männern und Frauen in Stadtaufwertungsprozessen.
Die Wissenschaftlerin und Aktivistin Sybille Bauriedl beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Geschlechterverhältnissen in der Planung, räumlichen Organisation und Nutzen von Städten. Gemeinsam mit ihr wollen wir nach einer Kritik an männlich zentrierter Stadtplanung fragen und auch die geschlechtliche Leerstelle in aktuellen Debatten um die Umstrukturierung des städtischen Raumes aufzeigen. Schließlich wollen wir fragen, wie eine feministische Stadtplanung aussehen kann und welche Schlüsse für emanzipatorische Gruppen in städtischen Kämpfen daraus gezogen werden können

30.10.2014 19.00 Uhr faq – Antisexistischer Infoladen, Jonasstraße 40

Die Reichspogromnacht am 9.November 1938 – Kein Vergessen! Kein Vergeben!

Gegen Antisemitismus und Rassismus in Deutschland, Europa und überall!

Antifaschistische Gedenk-Kundgebung & Demo:
So, 09.11.2014 | 14:00 Uhr | Mahnmal Levetzowstraße (Moabit)

Veranstalter*innen: Antifa Initiative Moabit [AIM]

Es werden die Überlebenden Vera Friedlaender (* 27. Februar 1928) und Andree Leusink (* 14. Mai 1938 in Frankreich) sprechen.
Vera Friedlaenders Mutter war Jüdin, ihr Vater Christ. Als Anfang März 1943 ihre Mutter im Rahmen der „Fabrikaktion“ in der Großen Hamburger Straße in Berlin festgehalten wurde, harrte sie als 15-Jährige mit ihrem Vater viele Stunden vor der Gestapo-Sammelstelle aus. Glücklicherweise gelang es, ihre Mutter und die anderen festgenommenen Juden*Jüdinnen wieder freizubekommen. Ihr Vater wurde später wegen „Rassenschande“ in einem Lager bei Merseburg bis zum Kriegsende inhaftiert.
Andree Leusink (* 14. Mai 1938 in Frankreich) überlebte als verstecktes Kind den Holocaust in Frankreich, wohin sich ihre Eltern vor den Nazis geflüchtet hatten und in der Schweiz. Heute ist sie aktiv in der antifaschistischen Bewegung, darunter den „Child Survivors Deutschland – Überlebende Kinder der Shoah“ und der VVN-BdA Berlin-Pankow.

Anschließend wird es eine antifaschistische Demonstration zum Mahnmal an der Putlitzbruecke (S-Bahnhof Westhafen) geben.

Veranstaltungsreihe „Wem gehört die Stadt?“

„Community Organizing und Mieter_innenmobiliserung in Berlin“ – Podiumsveranstaltung mit Robert Maruschke, Kotti und Co. und „Zwangsräumungen Verhindern“

15.10.2014 19.00 Uhr Tristeza, Pannierstraße 5

Im Mai 2012 besetzten Mieter_innen des Wohnkomplexes am südlichen Kottbusser Tor, deren Freund_innen und Unterstützer_innen den Platz vor ihren Häusern um gegen steigende Mieten und die enorm gestiegenen Nebenkosten zu protestieren. Seitdem hat die Gruppe, die als Kotti & Co. inzwischen bundesweit und international bekannt ist, über 20 (Lärm-)Demos organisiert und hat die Diskussion über Rassismus im Zusammenhang mit Gentrifizierung auch in die (etablierte Politik) getragen. Im gleichen Jahr startete auch eine weitere Gruppe ihre Aktionen. Mit der Blockade von Hauseingängen, durch die Gerichtsvollzieher_innen daran gehindert werden sollten, die Räumungen von Wohnungen zu vollstrecken, gelang es dem Bündnis ‚Zwangsräumungen Verhindern‘ seitdem beinahe ein Dutzend erzwungene Auszüge zu verhindern.
Beiden Gruppen haben gemeinsam, dass es ihnen gelingt ein breites Spektrum an Betroffenen von steigenden Mieten und Verdrängung anzusprechen. Besonders daran ist, dass es anders als in vergangenen, häufig von linken Gruppen dominierten Bündnissen hier Alte, prekarisierte Menschen oder Migrant_innen sind, die dort selbst für ihre Rechte kämpfen.
Robert Maruschke, Autor und Aktivist hat ein Buch über Community Organizing geschrieben – einer aus den USA kommenden Technik, die sich mit der Aktivierung und Bestärkung von Menschen in der Nachbarschaft beschäftigt, um sich für ihrer Rechte einzusetzen. In diesem Zusammenhang untersucht er nicht nur die Ursprünge dieses Organisierungskonzeptes und theoretische Debatten, sondern auch praktische Anwendungsfelder bei der Mieter_innenmobilisierungen in Berlin. Gemeinsam wollen wir den Möglichkeiten von Community Organizing für aktuelle Kämpfe nachgehen, dieses aber auch als Instrument begreifen, das eingesetzt wird, um eine breite Akzeptanz für staatlich verordnete soziale Ungleichheit im Kiez zu schaffen.

Im Rahmen der Veranstaktungsreihe „Wem gehört die Stadt“ der Autonomen Neuköllner Antifa

Sonntag: Mahnwache in Gedenken an Burak – gegen alltäglichen Rassimus-gegen Neonazis

Mahnwache am 5. Oktober 2014 in Rudow am Sportplatz Stubenrauchstr.

Im Gedenken an Burak – Kein Vergessen – gegen den alltäglichen Rassismus – gegen Neonazis

Am 5. Oktober findet in Rudow, auf dem Sportplatz an der Stubenrauchstr., das Fussballspiel der Berlinliga TSV Rudow gegen Tennis Borussia statt. Diese Begegnung hat seit November 2011 eine besondere Brisanz, denn seit Jahren sind Neuköllner Neonazis, rechtsoffene Hooligans und andere Rassist_innen vor allem bei den Spielen gegen TeBe immer wieder unter den Rudower Fans präsent. Mit ihrer Anwesenheit und ihren Parolen wollen sie die Tebe-Fans, die bundesweit bekannt sind für ihre antrassistische und antifaschistische Fankultur, provozieren.

Die Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak möchte mit dieser Mahnwache im Oktober auf das Problem Rassismus in der „weißen deutschen Community“ in Süd-Neukölln hinweisen. Einerseits werden beim TSV Rudow im Jugendbereich auch viele Jungs mit Migrationshintergrund fussballerisch ausgebildet, andererseits wird es von den Offiziellen des Vereins stillschweigend geduldet, dass Neuköllner NPD-Funktionäre gezielt jugendliche Rudow-Fans anwerben. Auf diesen Widerspruch wurde die Vereinsführung des TSV schon mehrmals hingewiesen, ist aber offensichtlich nicht bereit sich ernsthaft mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Aufgrund des Hergangs und der Umstände der Tat – gerade vor dem Hintergrund des NSU-Komplexes – stellen wir die drängende und berechtigte Frage: War Rassismus wieder das Motiv? Der Mord steht damit durchaus im Zusammenhang mit den jahrelangen Aktivitäten von Neonazis und einer tendenziellen rassistischen Grundstimmung in Süd-Neukölln.

In der Nacht vom 4. auf den 5. April 2012 geschieht ein bis heute unfassbarer Mord im Neuköllner Ortsteil Buckow/Britz. Gegenüber vom Krankenhaus Neukölln in der Rudower Str. steht Burak B. mit Freunden und unterhält sich. Ein unbekannter weißer Mann geht gezielt auf die Gruppe migrantischer Jugendlicher zu und feuert mehrere Schüsse auf sie ab. Der damals 22-jährige Burak B. wird getroffen und stirbt – die Freunde Alex und Jamal werden schwer verletzt und sind bis heute traumatisiert. Es gab keinen Streit zwischen Opfern und Tätern – alles geschah wortlos.
Parallelen zu den Morden des „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) tun sich auf und solange nichts gegenteiliges erwiesen ist, gehen wir davon aus das es sich um eine rassistische „Nachahmungstat” gehandelt hat. Die polizeilichen Ermittlungen sind bisher nicht wirklich erfolgreich – der Mörder ist weiterhin auf freiem Fuß und stellt eine Gefahr dar. Bis vor anderthalb Jahren wohnte in der Nähe des Tatortes, in der Siedlung Möwenweg/Goldhähnchenweg, eine junge Frau, die sich zum „Nationalen Sozialismus“ bekennt und auf ihrem damaligen „Facebook-Profil“ Sympathie für den schrecklichen Mord an Burak B. bekundete. Sie ist mit den Protagonisten der Neuköllner Neonazi-Szene gut bekannt und befreundet.

An dieser Stelle wollen wir auch auf Anschläge und Übergriffe durch Neonazis und anderen Rassist_innen in Neukölln vor allem aber in Süd-Neukölln hinweisen. Eine Chronik auf der Website der Autonomen Neuköllner Antifa reicht bis Mitte 1980 zurück ( antifa-neukölln.net/chronik ). Hierbei müssen insbesondere die Brandanschläge, auf das Kinder- und Jugendzentrum der Falken „Anton Schmaus Haus“ am 26./27. Juni 2011 und am 09.11.2011 sowie die Anschläge mit „Molotov-Cocktails auf die Einfamilienhäuser migrantischer Familien am 22. März 2008 und am 19/20. April 2008, erwähnt werden.
Am 20. Juni 2014 wird in Neukölln die Wohnung eines 56-jährigen Mannes, der der „rechten Szene“ nahe stehen soll, von der Polizei durchsucht. Es wurden scharfe Schusswaffen und dazugehörige Munition sichergestellt. Obwohl das zum Profil des Täters vom Mord an Burak passen könnte, ist die Polizei anderer Meinung und mit Informationen bezüglich der Ermittlungen äußerst sparsam. Anfang 2012 werden bundesweit von einer „Reichsbewegung-neue Gemeinschaft von Philosophen“ Briefe verschickt in denen offen gedroht wird das „wer am Tag X Deutschland noch nicht verlassen habe, werde standrechtlich erschossen“ – als Datum für die Ausreise nannten die „Reichsbürger“ den 1.August. Dieser Brief wurde vor allem an jüdische und muslemische Einrichtungen verschickt. Auch die Neuköllner Sehitlik-Moschee erhielt diesen neunseitigen Drohbrief. Selbst die umstrittene Behörde des Verfassungsschutz befürchtete dass sich durch diesen „Reichsbürgerbrief “ Einzeltäter „dazu aufgerufen fühlen könnten, aktiv zu werden“.

Wir stellen abschließend fest das der Mörder von Burak weiterhin auf freiem Fuß ist und eine Gefahr darstellt – das die Polizei ihre Ermittlungen in Richtung rassistische oder faschistsiche Täter offensichtlich nicht weiterführt.

DieInitiative wird aber weiter daran arbeiten, das dieser Mord aufgeklärt wird. Mit dem monatlichen Gedenken an Burak werden wir auch weiterhin in der Öffentlichkeit präsent sein und das „Problem Rassismus“ thematisieren.

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burak-initiative@web.de