Statement vom Antifaschistisches Berliner Bündnis gegen den Al Quds-Tag zu den aktuellen antisemitischen Mobilisierungen und der Frage des Gegenprotestes.
Zu letzterem können wir euch etwa auf die morgige Veranstaltung We stand with Israel – Gegen jeden Antisemitismus um 14-00 Uhr am Potsdamer Platz hinweisen.
„Wir sind in Gedanken bei den Betroffenen antisemitischer Gewalt und bei den Menschen in Israel. Wir hoffen, dass die Hamas und ihre Verbündeten im Iran besser früher als später auf dem Müllhaufen der Geschichte landen und den Weg frei machen für einen friedlichen und demokratischen Nahen Osten.“
Mit dem 8. Mai 1945 trat die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht in Kraft und bedeutete als Sieg der Alliierten das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Europa und die Befreiung für Zwangsarbeiter_innen und Jüdinnen_Juden. Viele der europäischen Zwangsarbeiter_innen sowie die absolute Mehrzahl der Jüdinnen_Juden erlebten die Befreiung jedoch nicht mehr. Nur wenigen war es vorher gelungen, unterzutauchen und zu überleben. Schließlich bedeutete der Sieg der Alliierten auch die Befreiung für die Widerstandskämpfer_innen der verschiedenen sozialdemokratischen, kommunistischen, konservativen und liberalen Gruppen. Unser Dank gilt den alliierten Armeen, den Partisan_innen und allen anderen Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens für die Zerschlagung Deutschlands kämpften.
Eine notwendige Kritik an dem heutigen gedenk- und erinnerungspolitischen Umgang mit diesem Tag, darf dabei nicht bei der bundesrepublikanischen „Aufarbeitung“ und spätestens seit Richard von Weizsäckers Rede als stolze Affirmation auftretenden Aneignung des „Tags der Befreiung“ stehen bleiben. Schon vor einigen Jahren erschien ein dazu lesenswerter Artikel [1], der daran erinnerte, dass „linke Gesten am »Tag der Befreiung« […] häufig nicht geeignet [sind], unterschiedliche Facetten des Gedenkens zu integrieren. Die Komplexität des Zweiten Weltkrieges verschwimmt mit einer zunehmender Ritualisierung des Gedenkens daran.“ Somit wird ein wichtiger Kritikpunkt sichtbar, der wohl auch auf einen solchen, ritualisierten Facebook-Post inklusive Schwarz-Weiß-Bild zutrifft. Der Artikel verweist darauf, dass für viele „Befreite“ Ausgrenzungen, Antisemitismus und weitere Diskriminierungen, sowie Kämpfe um Anerkennung auch nach dem 8. Mai noch alltäglich waren und sind: „Sofern Rituale angemessen erscheinen, müssen sie hinterfragbar bleiben, ebenso wie ihre Symbole und die, die sich Linke zu eigen machen. In einer solidarischen Auseinandersetzung müssen diejenigen Beachtung finden, die seit Ende des Zweiten Weltkrieges um die Anerkennung der »Befreiung« gestritten haben.“
Dass es auch weiterhin gilt sich sowohl Deutschland als vermeintlich „geläuterter Nation“ gegenüber unversöhnlich zu zeigen, als auch rechten Revisionismus tagtäglich entgegen zu treten, zeigen auch immer wieder die Äußerungen rechte Akteur_innen in denen bspw. die zivilisatorische Bedeutung des 8. Mai verleugnet und über verlorenen Lebensraum im Osten räsoniert wird.
Wir nehmen den 8. Mai zum Anlass, um insbesondere an die Befreiung Berlins durch die Rote Armee zu erinnern und dabei nicht zu vergessen, dass Antisemitismus, Rassismus und Neonazismus Teil des bundesdeutschen Alltags sind.
Unser Dank heißt weiterhin Krieg den deutschen Zuständen!
Auch im Jahr der Corona-pandemie rufen antifaschistische Gruppen wie die Berliner VVN-B.d.A und weitere Organisationen zu vielen Gedenkveranstaltungen auf, bei der wir euch insbesondere auf die Ausstellung „Zwangsarbeit in der Hufeisensiedlung – eine verdrängte Geschichte“ und die Enthüllung einer Gedenktafel am Standort des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers Onkel-Bräsig-Str. 6-8 durch die Initiative Hufeisern gegen Rechts hinweisen wollen:
13:00 – 17:00 Uhr auf dem Platz vor der Hufeisentreppe 16:30 Uhr Enthüllung einer Gedenktafel am Standort des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers Onkel-Bräsig-Str. 6-8
Bildquelle „Vilna after the liberation, July 1944 Jewish partisans, who were members of the FPO, left the ghetto and fought as partisans in the Rudniki Forest. Yad Vashem Photo Archives 4613/139 Weniger anzeigen32
Anlässlich des 8. Mai 2021, dem Tag der Befreiung vom Faschismus lädt die Anwohner_inneninitiative Hufeisern gegen Rechts zu der Ausstellung „Zwangsarbeit in der Hufeisensiedlung – eine verdrängte Geschichte“ ein.
⇒ 13:00 – 17:00 Uhr auf dem Platz vor der Hufeisentreppe
⇒ 16:30 Uhr Enthüllung einer Gedenktafel am Standort des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers Onkel-Bräsig-Str. 6-8
Nachdem die bisherige Anmeldung für den diesjährigen Quds-Marsch am 8. Mai in Berlin gestern zurückgezogen wurde, hat die genannte Parole wohl auch in diesem Jahr ihre reale Umsetzung gefunden. [1] Bereits in der vergangenen Woche wurden die diesjährigen antisemitischen Veranstaltungen im Iran aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt. [2]
Ein nun in Berlin nicht stattfindender Aufmarsch ist dabei zunächst einmal zu begrüßen, aber birgt ähnlich wie die immer wieder geführte Debatte über Verbote auch einige Gefahren bezüglich eines antifaschistischen Engagements gegen Antisemitismus.
Gründe, um im Ergebnis ein Verbot und die momentane Absage gutzuheißen, liegen auf der Hand: weniger offener Antisemitismus auf den Straßen Berlins – zumindest an diesem Tag. Während der Quds-Demonstration müssen sich Jüdinnen_Juden und auch israelsolidarische Linke vor Angriffen schützen. Findet der Marsch nicht statt, würden zumindest die antisemitischen Angriffe, die regelmäßig seinem Kontext geschehen, ausbleiben. Das sind gute Aussichten, die die Berliner Straßen für die Betroffenen antisemitischer Gewalt zumindest temporärer sicherer machen. Gerade aus der Perspektive Betroffener ist ein Verbot mehr als ein symbolischer Akt, denn es geht im Zweifel um ihre körperliche Unversehrtheit und die Möglichkeit, sich ohne Angst auf den Straßen bewegen zu können.
Den 28. April als Tag der Befreiung Neuköllns haben wir zum Anlass genommen, um euch hier aber vor allem im Straßenbild historische Ort in Neukölln vorzustellen. Es sind Orte von jüdischem Leben, Verfolgung und Widerstand.
Am 24. April 1945 überschritten die ersten Einheiten der Roten Armee die Südgrenze Neuköllns. Die letzte Gegenwehr von deutschen Verbänden in Neukölln konnte am 28. April 1945 gebrochen werden. Der Sieg der Alliierten bedeutete das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Neukölln und die Befreiung für Zwangsarbeiter_innen sowie Jüdinnen_Juden. Schließlich bedeutete der Sieg der Roten Armee auch die Befreiung für die Widerstandskämpfer_innen der verschiedenen sozialdemokratischen, kommunistischen und liberalen Gruppen.
Dabei gilt es auch heute nicht zu vergessen, dass Antisemitismus, Rassismus und Neonazismus Teil des bundesdeutschen Alltags sind.
Unser Dank heißt auch weiterhin Krieg den deutschen Zuständen!