Mit dem 8. Mai 1945 trat die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht in Kraft und bedeutete als Sieg der Alliierten das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Europa und die Befreiung für Zwangsarbeiter_innen und Jüdinnen_Juden. Viele der europäischen Zwangsarbeiter_innen sowie die absolute Mehrzahl der Jüdinnen_Juden erlebten die Befreiung jedoch nicht mehr. Nur wenigen war es vorher gelungen, unterzutauchen und zu überleben. Schließlich bedeutete der Sieg der Alliierten auch die Befreiung für die Widerstandskämpfer_innen der verschiedenen sozialdemokratischen, kommunistischen, konservativen und liberalen Gruppen. Unser Dank gilt den alliierten Armeen, den Partisan_innen und allen anderen Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens für die Zerschlagung Deutschlands kämpften.
Eine notwendige Kritik an dem heutigen gedenk- und erinnerungspolitischen Umgang mit diesem Tag, darf dabei nicht bei der bundesrepublikanischen „Aufarbeitung“ und spätestens seit Richard von Weizsäckers Rede als stolze Affirmation auftretenden Aneignung des „Tags der Befreiung“ stehen bleiben.
Lukas Eichner und Johannes Spohr erinnern in ihrem kürzlich in der ak – analyse & kritik | Zeitung für linke Debatte und Praxis erschienen Artikel* daran, dass „linke Gesten am »Tag der Befreiung« […] häufig nicht geeignet [sind], unterschiedliche Facetten des Gedenkens zu integrieren. Die Komplexität des Zweiten Weltkrieges verschwimmt mit einer zunehmender Ritualisierung des Gedenkens daran.“ Somit wird ein wichtiger Kritikpunkt sichtbar, der wohl auch auf einen solchen, ritualisierten Facebook-Post inklusive Schwarz-Weiß-Bild zutrifft.
Der Artikel verweist darauf, dass für viele „Befreite“ Ausgrenzungen, Antisemitismus und weitere Diskriminierungen, sowie Kämpfe um Anerkennung auch nach dem 8. Mai noch alltäglich waren und sind: „Sofern Rituale angemessen erscheinen, müssen sie hinterfragbar bleiben, ebenso wie ihre Symbole und die, die sich Linke zu eigen machen. In einer solidarischen Auseinandersetzung müssen diejenigen Beachtung finden, die seit Ende des Zweiten Weltkrieges um die Anerkennung der »Befreiung« gestritten haben.“
Für eine reflektierende Auseinandersetzung zu dieser Thematik sei auf eine Veranstaltung in dieser Woche im k-fetisch hingewiesen:
11. Mai | 20.00 Uhr | »Wer nicht feiert…« Ein Gespräch über den linken Umgang mit dem »Tag der Befreiung« | k-fetisch
Da es auch weiterhin gilt sich sowohl Deutschland als vermeintlich „geläuterter Nation“ gegenüber unversöhnlich zu zeigen, als auch gegenüber rechten Strukturen, die wie Björn Höcke eine revisionistische „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“ fordern, sei auf die beiden heutigen Kundgebungen der NPD und antifaschistische Gegenproteste in Lichtenberg und Pankow hingewiesen:
15.30 Uhr | Kundgebungen am Deutsch-Russischen Museum Karlshorst | Rheinsteinstraße 113 und Rheinsteinstraße/Ecke Köpenicker Allee (S-Bhf. Berlin-Karlshorst)
16.30 Uhr | Gedenken an die Befreiung | Sowjetisches Ehrenmal Wiltbergstraße (S-Bhf. Berlin-Buch) | Vorabtreffpunkt: 16.00 Uhr, S-Bhf. Pankow
Wir nehmen den 8. Mai zum Anlass, um insbesondere an die Befreiung Berlins durch die Rote Armee zu erinnern und dabei nicht zu vergessen, dass Antisemitismus, Rassismus und Neonazismus Teil des bundesdeutschen Alltags sind.
Unser Dank heißt weiterhin Krieg den deutschen Zuständen!
* http://www.preposition.de/…/die-sehnsucht-nach-der-widersp…/
Bildquelle „Vilna after the liberation, July 1944 Jewish partisans, who were members of the FPO, left the ghetto and fought as partisans in the Rudniki Forest. Yad Vashem Photo Archives 4613/139“