Antisemitische Versammlungen in Mitte und Neukölln

Nach der Entscheidung des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump, die Botschaft der USA von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, sowie dem Aufruf der islamistischen Hamas zu einem „Tag des Zorns“ am Freitag, versammelten sich auch in Berlin ca. 1500 Teilnehmer_innen zu einer Kundgebung vor der US-Botschaft auf dem Pariser Platz. Während der ebenfalls von linken Antisemit_innen besuchten Kundgebung wurde eine selbstgemalte Fahne mit einem Davidstern verbrannt. Teilnehmer_innen zeigten u. a. Fahnen der Fatah und der islamistischen Hamas. Neben antiamerikanischen und klerikalen Rufen wurden laut dem beobachtenden JFDA – Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus und weiteren Beobachter_innen, antizionistische und antisemitische Parolen wie “Tod Israel”, “Kindermörder Israel” und „Khaybar Khaybar ya yahud, jaish Mohammed sa yaoud“ („Chaibar, Chaibar, oh ihr Juden! Mohammeds Heer kommt bald wieder“) skandiert.

Die Berliner Polizei sprach im Anschluss dennoch von einem Störungsfreien Ablauf der Versammlung. Erst als es später in Neukölln zu einer weiteren spontanen Demonstration mit etwa 70 Teilnehmenden kam und der Straßenverkehr gefährdet schien, sah sich die Polizei genötigt einzugreifen und die Versammlung zu stoppen.

Vollkommen abseits dieser antisemitischen Vorfälle, nutzt der rassistische, deutsche Mob innerhalb der sozialen Netzwerke den Anlass und die Berichterstattung dazu, weiterhin Hetze gegen alles als „nicht-deutsch“ wahrgenommene zu betreiben. Der eigene völkische Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus werden hinter einer vermeintlichen Israelsolidarität versteckt (vgl. etwa http://noalquds.blogsport.de/…/zum-antisemitismus-der-alte…/), die gerade soweit reicht, bis das nächste Video über eine angeblich jüdische Weltverschwörung des Mossad, Bilderberger und Rothschilds geteilt wird.
Ihnen wie auch den islamistischen und linken Antisemit_innen auf den Straßen Berlins und anderswo gilt unsere Kritik.
Gegen jeden Antisemitismus!

Fotos/Quellen u.a.:
– JFDA – Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus

28.11.: Gegen die Normalisierung rechter Hetze – Kundgebung gegen den „Bürgerdialog“ der AfD

Dienstag 28. November | 18.00 Uhr | Rathaus Köpenick (Alt-Köpenick 21, 12555 Berlin)

„Der Bezirksverband der AfD Treptow-Köpenick möchte am Dienstag, den 28. November im Rathaus Köpenick einen zweiten sogenannten „Bürgerdialog“ abhalten. Thema soll die Verkehrsinfrastruktur sein, als Redner ist der verkehrspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus und ausgesprochene Fahrrad-Hasser Frank Scholtysek angekündigt. Mit den „Bürgerdialogen“ versucht die sonst wenig in der Öffentlichkeit sichtbare Fraktion Bürger*innennähe zu beweisen und über ihren sachpolitischen Wissensmangel hinwegzutäuschen.“

Schließt euch den antifaschistischen Gegenprotesten an! Kein Raum der AfD!

9. November 1938 – 9. November 2017 | 79 Jahre nach der Reichspogromnacht | Solidarität mit den Opfern des deutschen Antisemitismus und Rassismus

„Je weiter ich Richtung Ku’damm ging, desto mehr Menschen waren auf der Straße. Auf einmal knirschten Glasscherben unter meinen Schuhen. Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass die Fenster aller jüdischen Geschäfte eingeschlagen waren. Vor einem Laden standen drei SA-Männer und schauten unbeteiligt ins Leere. Ich erinnere mich, dass sie in diesem Moment nichts Menschliches an sich hatten. Ich sah zu Boden und ging weiter. Ich wollte wissen, was geschehen war – obwohl ich das Gefühl hatte, dass mein Leben vorbei wäre, wenn unsere Blicke sich treffen würden.“

So beschrieb Margot Friedländer den 10. November 1938. Ihre Mutter und ihr Bruder wurden in Auschwitz ermordet; sie selbst überlebte die Shoah trotz Inhaftierung im Konzentrationslager Theresienstadt. Das Bild der Zerstörung, dass sie zeichnet lässt erahnen, von welcher Gewalt die Nacht davor geprägt war. Am 9. November 1938 fanden die Novemberpogrome ihren Höhepunkt. Im deutschen Herrschaftsbereich wurden jüdische Menschen ermordet, vergewaltigt, inhaftiert und verschleppt. Jüdische Geschäfte, Wohnungen, Gemeindehäuser und Synagogen wurden geplündert, zerstört und in Brand gesteckt. Auf den Straßen brach sich der gewalttätige deutsche Antisemitismus Bahn, der in der Nacht staatlich angestoßen und orchestriert wurde. SA und SS führten die Morde, Brandstiftungen und Verwüstungen an. Die nicht-jüdische Bevölkerung beteiligte sich an dem Pogrom oder stimmte mit ihrem Schweigen zu. Zum Anlass nahm die NSDAP-Führung die Tötung eines deutschen Botschaftsangehörigen in Paris. Herschel Grynszpan, der aufgrund des deutschen Antisemitismus nach Frankreich migriert war, gab mehrere Schüsse auf das Botschaftsmitglied ab, nachdem er von der Deportation seiner Familie nach Polen erfahren hatte.

Wenn wir heute an die Novemberpogrome von 1938 erinnern, heißt das, dass wir ihrer Opfer gedenken, ihnen Namen und Geschichte geben. Es heißt auch, dass wir antifaschistisch wachsam sind gegenüber einer Gesellschaft, deren autoritäre und ressentimentgeladende Tendenzen wieder offener zu Tage treten. Die Novemberpogrome stellten einen ersten Höhepunkt der antisemitischen Verfolgung dar, aber passierten nicht aus dem Nichts heraus. Die deutsche Gesellschaft stimmte in die Vernichtungspolitik ein. „Aus der Erfahrung unseres Lebens sagen wir: Nie mehr schweigen, wegsehen, wie und wo auch immer Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit hervortreten!“

Dies haben uns die überlebenden Opfer des Nationalsozialismus und lebenslange Kämpfer*innen immer wieder aufgetragen, sie haben uns begleitet, unterstützt und ermutigt. Sie haben uns erklärt, was es bedeutet, als Geflüchtete*r leben zu müssen, was es bedeutet, nicht mehr als Mensch betrachtet zu werden. Wir werden unsere Kämpfe bald ohne sie führen und eigene Worte und Wege finden müssen. Dem Gedenken an die deutschen NS-Verbrechen auch weiterhin Gehör zu verschaffen sowie Konsequenzen daraus einzufordern, bleibt einer der wichtigsten Aufgabe für alle Antifaschist*innen.

In diesem Sinne: Kommt am 9. November zur Gedenkkundgebung und antifaschistischen Demonstration nach Moabit!

Gedenken an die Reichspogromnacht am 09. Nov. 1938
09. November | 17.00 Uhr | Mahnmal Levetzowstrasse, Levetzowstraße 7-8 (Berlin-Moabit)

http://9november.blogsport.eu

Foto: Deportationsmahnmal Putlitzbrücke (Berlin-Moabit) by Thorsten Strasas, 2013.

BERLIN-BRITZ: SCHÄNDUNG VON STOLPERSTEINEN

Unmittelbar vor dem Gedenken an die Novemberpogrome von 1938 berichtet die Anwohner*innen Initiative Hufeisern gegen Recht davon, dass im Neuköllner Ortsteil Britz alle sieben Stolpersteine im Bereich der Hufeisensiedlung von unbekannten entfernt wurden.
Für den Abend des 9. Novembers plante die Initiative eine Gedenkveranstaltung vor der ehemaligen Albrecht-Dürer-Apotheke, die an die Ausschreitungen gegen das Geschäft des jüdischen Apothekers Adolf Mockrauer erinnern soll. Zeitgleich findet in Berlin-Moabit die Gedenkkundgebung und antifaschistische Demonstration im Gedenken an die Reichspogromnacht am 09. Nov. 1938 statt.

Wir verurteilen diesen Akt der Schändung auf schärfste, dessen organisierte Täter*innen sich mit großer Wahrscheinlichkeit in der Neuköllner Neonazi-Szene verorten lassen. Zeigt bei den Veranstaltungen am 9. November eure Solidarität mit den Opfern des deutschen Nationalsozialismus in einem würdigen Gedenken.

„Aus der Erfahrung unseres Lebens sagen wir: Nie mehr schweigen, wegsehen, wie und wo auch immer Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit hervortreten!“

Dies haben uns die überlebenden Opfer des Nationalsozialismus und lebenslange Kämpfer*innen immer wieder aufgetragen, sie haben uns begleitet, unterstützt und ermutigt. Sie haben uns erklärt, was es bedeutet, als Geflüchtete*r leben zu müssen, was es bedeutet, nicht mehr als Mensch betrachtet zu werden. Wir werden unsere Kämpfe bald ohne sie führen und eigene Worte und Wege finden müssen. Dem Gedenken an die deutschen NS-Verbrechen auch weiterhin Gehör zu verschaffen sowie Konsequenzen daraus einzufordern, bleibt einer der wichtigsten Aufgabe für alle Antifaschist*innen.

Mehr über die Veranstaltung der Initiative Hufeisern gegen Rechts findet ihr hier: http://www.hufeiserngegenrechts.de