09.05.: Tag des Sieges

Am kommenden Donnerstag wird auch in Berlin wieder der 9. Mai als Tag des Sieges gefeiert. Der Berliner VVN-B.d.A lädt ab 14.00 Uhr zum südlichen Eingang des Sowjetischen Ehrenmals im Treptower Park ein. Unter dem Motto 74. Jahrestag des Sieges: Wer nicht feiert, hat verloren!“ stehen Musik, Reden, Führungen sowie zahlreiche Essens- und Infostände auf dem Programm.

Vor wenigen Tagen wurde am Sowjetischen Ehrenmal die Statue „Mutter Heimat“ mit schwarzer Farbe übergossen [1] und auch in Berlin-Buch wurde in der vergangenen Nacht das Sowjetische Ehrenmal im Vorfeld der am 8. Mai geplanten Befreiungsfeierlichkeiten mit Farbe beschmiert. Als Reaktion auf die Ankündigung antifaschistischen Gedenkens an diesen Orten, hatte die örtliche NPD im Internet zu „kreativen Aktionen“ aufgerufen.
So zeigt sich, dass Gedenken und Erinnern auch heute aktueller den je umkämpfte und politische Räume darstellen,[2] die weder rechten, reaktionären, noch antiemanzipatorischen Strömungen überlassen werden dürfen.

[1] https://www.neues-deutschland.de/…/1118119.befreiung-vom-fa…

[2] Einen sehr zusammengestauchten Überblick zu verschiedensten aktuellen politischen Konflikten rund um das Gedenken im Treptower Park bietet dieser Artikel aus dem Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/…/schon-das-datum…/24304988.html
Desweiteren sei auch nochmal auf einen Beitrag von Lukas Eichner und Johannes Spohr aus dem Jahr 2017 verwiesen, der insbesondere ein innerlinkes Gedenken an diesem Tag thematisiert und kritisiert: http://www.preposition.de/…/die-sehnsucht-nach-der-widersp…/

Die Berliner AfD -„Bis zum Hals im Neukölln-Komplex“

Auf Indymedia ist ein umfänglicher und lesenswerter Rechercheartikel erschienen. In Bezug auf die neueren Enthüllungen der Verbindungen zwischen dem Neonazi Sebastian Thom, dem AfDler Tilo Paulenz und Beamten des LKA, werden darin weitere personelle Verbindungen des Neuköllner Bezirksverbands zu der organisierten Neonazi-Szene in Neukölln aufgezeigt.
„Der Bezirksverband Neukölln ist seit Jahren durchzogen mit Neonazis. AfD-Funktionäre verabredeten sich zum Ausspähen eines Buchladens, der kurze Zeit später von Angriffen bis hin zu Brandstiftung betroffen war. Zudem kursiert im Landesverband eine sogenannte „Antifa-Liste“.“

https://de.indymedia.org/node/32280

02.05.: Yom HaShoah

Mit dem heutigen Sonnenuntergang des 2. Mai endet der israelische „Tag des Gedenkens an Shoa und Heldentum“ an dem zum einen der Opfer der Shoah gedacht und gleichzeitig an den jüdischen Widerstand und die tausenden jüdischen Partisan_innen erinnert wird. In Israel heulen dafür zwei Minuten lang die Sirenen auf und der Alltag steht für einen Moment des Gedenkens still.

Bild: „Monument to the Jewish Soldiers and Partisans who fought against Nazi Germany“, Yad Vashem

Спасибо! Thank you! Merci! – 28. April: Tag der Befreiung Neuköllns

https://umap.openstreetmap.fr/de/map/tag-der-befreiung-neukollns-historische-orte_320119

Die vergangenen Tage vor dem heutigen Tag der Befreiung Neuköllns haben wir zum Anlass genommen, hier täglich einen historischen Ort in Neukölln vorzustellen. Es sind Orte von jüdischem Leben, Verfolgung und Widerstand. Um diese Orte noch etwas besser zu finden, haben wir zudem eine kleine Karte erstellt, in der ihr alle bisher vorgestellten Adressen und die dazugehörigen Informationen findet. Wir danken euch allen für das große Interesse und Feedback und freuen uns, die Karte in der Zukunft noch um viele weitere Orte des Erinnerns und Gedenkens zu erweitern.

Am 24. April 1945 überschritten die ersten Einheiten der Roten Armee die Südgrenze Neuköllns. In den folgenden Tagen gelang es den sowjetischen Truppen gegen die deutschen Streitkräfte vorzurücken. Die letzte Gegenwehr von deutschen Verbänden in Neukölln konnte am 28. April 1945 gebrochen werden. Der Sieg der Alliierten bedeutete das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Neukölln und die Befreiung für Zwangsarbeiter_innen sowie Jüdinnen_Juden. Viele der Zwangsarbeiter_innen und die absolute Mehrzahl der Neuköllner Jüdinnen_Juden erlebten die Befreiung jedoch nicht mehr. Schließlich bedeutete der Sieg der Roten Armee auch die Befreiung für die Widerstandskämpfer_innen der verschiedenen sozialdemokratischen, kommunistischen und liberalen Gruppen.

Mit dem Überfall Deutschlands auf Polen im September 1939 hatte die NS-Eroberungspolitik begonnen, die in den folgenden Jahren fast ganz Europa unter deutsche Herrschaft zwang. Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion stellte eine grundlegende Radikalisierung der NS-Kriegspolitik und des deutschen Antisemitismus dar. Den Truppen der Wehrmacht folgten die deutschen Einsatzgruppen, die in Massenerschießungen Kommunist_innen, Jüdinnen_Juden und Rom_nja ermordeten. Zeitgleich verfolgten die Deutschen das Ziel einer Neuordnung Osteuropas unter rassenpolitischen Vorzeichen. Durch Deportation und Vernichtung von als nicht-arisch definierten Menschen sollte „Lebensraum“ für die Deutschen geschaffen und Osteuropa auf Dauer „germanisiert“ werden.
Währenddessen wurden Jüdinnen_Juden systematisch in Ghettos und Konzentrationslager deportiert. Was sich angesichts der Novemberpogrome 1938 in Deutschland kaum erahnen ließ, wurde im Zuge des deutschen Vernichtungsfeldzug gegen die Sowjetunion zur Realität: die planmäßige, industriell organisierte Vernichtung der Jüdinnen_Juden im deutschen Herrschaftsbereich.
Bis zum alliierten Sieg über Deutschland forderte der deutsche Antisemitismus 6 Millionen Opfer. Gleichzeitig wurden aus einem deutschen antiziganistischen Vernichtungswahns heraus hunderttausende Sinti_zza und Rom_nja ermordet. Darüber hinaus wurden Millionen Bewohner_innen der besetzten Länder, Kriegsgefangene, Kommunist_innen und andere politische Gegner_innen, Homosexuelle und Trans_Personen, Menschen mit sogenannten Behinderungen und als „asozial“ Verfolgte Opfer der NS-Vernichtungspolitik.
Während die dafür verantwortliche deutsche Volksgemeinschaft an den Endsieg glaubte und die Mordpolitik bis zuletzt mittrug, bedeutete der Sieg der Anti-Hitler-Koalition für Millionen Menschen die Befreiung.

Der organisierte Massenmord an Jüdinnen_Juden wurde durch die »Befreiung« beendet, nicht jedoch alle Formen antisemitischer Verfolgung in West- und Osteuropa. In den Hauptstädten der besetzten Länder wurden die Sieger mit Jubel begrüßt, Jüdinnen_Juden hingegen hatten keinen Grund, sich zu freuen. Die wenigen Überlebenden wussten, dass sie keinen Ort hatten, an den sie hätten zurückkehren können. Die in Neukölln befreiten Zwangsarbeiter_innen, vornehmlich aus der Ukraine und Belarus, haben bis heute keine angemessene Entschädigung aus Deutschland enthalten. Überlebende müssen um ihre Ansprüche auf die sogenannte „Ghetto-Rente“ kämpfen, während ehemalige Mitglieder der SS und Wehrmacht hohe Renten beziehen.
Obwohl die in den vergangenen Jahren aufgenommenen Gerichtsverfahren gegen NS-Täter deutlich gemacht haben, dass die funktionale Beteiligung am Massenmord als »Beihilfe zur Haupttat« gewertet und entsprechend geahndet werden kann, zeigt sich die deutsche Justiz weiterhin zögerlich gegenüber noch lebenden und bisher nicht belangten Täter_innen. In den Fällen, in denen Verfahren zu Ende geführt wurden, ertönte als gesellschaftlichen Reaktion vielfach ein Unverständnis darüber, so alte Menschen noch zu einer Haftstrafe zu verurteilen: Unter die Vergangenheit solle lieber endlich ein Schlussstrich gezogen werden.

Noch aggressiver in die reaktionäre und revisionistische Kerbe schlagen Vertreter_innen der „Neue Rechte“ und besonders der völkische Flügel der AfD.
Nicht erst seit Björn Höckes ausgesprochener Forderung nach einer „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“, ist der Angriff auf die als Hindernis identifizierte Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus in der Partei Programm. Das erklärte Ziel ist die deutsche Geschichte positiv zu besetzen. Dieses wird versucht umzusetzen über parlamentarische Wege zur Streichung von Mitteln für Gedenkstätten und historisch-politische Bildungsarbeit. Erinnerungspolitik wird grundsätzlich diskutierbar. Die Vertreter_innen der Neuen Rechten verschieben so den gesellschaftlichen Diskurs.

Den 28. April nehmen wir zum Anlass, um an die Befreiung Neuköllns durch die Rote Armee zu erinnern und dabei nicht zu vergessen, dass Antisemitismus, Rassismus und Neonazismus Teil des bundesdeutschen Alltags sind.
Unser Dank gilt den alliierten Armeen, den Partisan_innen und allen anderen Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens für die Zerschlagung Deutschlands kämpften.
Der Sieg über die Deutschen bedeutete nicht weniger als die Befreiung der Menschen vom Nationalsozialismus.

Unser Dank heißt Krieg den deutschen Zuständen!

Orte der Befreiung Neuköllns: Käte Frankenthal

Im Neuköllner Rathaus arbeitete bis 1933 eine jüdische Ärztin: Käte Frankenthal (*1889, Kiel – †1976, New York). Sie war einer der ersten Frauen, die in Deutschland das Staatsexamen in Medizin ablegte. Politisch engagierte sie sich ab der zweiten Hälfte ihres Studiums in der SPD. Sie gehörte zum linken Flügel der Partei und war zwischenzeitlich Bezirksabgeordnete sowie Landtagsabgeordnete. 1918 bis 1924 arbeitete sie als (Assistenz-) Ärztin in der Berliner Charité. Daneben betrieb sie eine eigene Praxis, die sie auch nutzte, um Ehe- und Sexualberatungen durchzuführen und in der sie als überzeugte Gegnerin des Paragrafen §218 kostenlos Verhütungsmittel verteilte.

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