Statement vom Antifaschistisches Berliner Bündnis gegen den Al Quds-Tag zu den aktuellen antisemitischen Mobilisierungen und der Frage des Gegenprotestes.
Zu letzterem können wir euch etwa auf die morgige Veranstaltung We stand with Israel – Gegen jeden Antisemitismus um 14-00 Uhr am Potsdamer Platz hinweisen.
„Wir sind in Gedanken bei den Betroffenen antisemitischer Gewalt und bei den Menschen in Israel. Wir hoffen, dass die Hamas und ihre Verbündeten im Iran besser früher als später auf dem Müllhaufen der Geschichte landen und den Weg frei machen für einen friedlichen und demokratischen Nahen Osten.“
Die radikal-islamistische Terrororganisation Hamas hat nicht lange gezögert, den Konflikt in Jerusalem als Ausrede zu nutzen, um ihre Aggressionen und Angriffe gegen Israel und die israelische Bevölkerung erneut zu intensivieren. In den vergangenen Tagen wurden etwa 1.600 Raketen aus Gaza auf Israel geschossen. Nur den Sicherheitsvorkehrungen des israelischen Staates, wie dem Raketenabwehrsystem Iron Dome, den Warnsystemen und den public shelters überall im Land ist es zu verdanken, dass es bisher nicht noch mehr Todesopfer gab. Dabei darf nicht vergessen werden, dass jede einzelne von der Hamas abgeschossene Rakete der konkrete Versuch ist, Jüd*innen und andere israelische Bürger*innen zu ermorden.
Für uns ist eines ganz klar: Das Existenzrecht Israels bedeutet auch, dass Israel selbstverständlich das Recht hat, sich selbst zu verteidigen, sich gegen die mörderischen Aggressionen zu wehren und die eigene Bevölkerung zu schützen. Dies gilt uneingeschränkt sowohl für die Wehrhaftigkeit gegen die stetigen Auslöschungsfantasien des Irans, aufgrund derer wir uns seit über zehn Jahren als Bündnis zusammenfinden, als auch gegen die mörderischen Angriffe der Hamas. Trotz der Differenzen zwischen dem schiitischen Regime in Teheran und der sunnitischen Hamas sind sich diese in ihrem Hass auf Israel, die USA und den Westen einig. Die Raketen, die die Hamas in den vergangenen Tagen auf israelische Städte geschossen hat, werden mit Hilfe aus dem Iran hergestellt: Teheran unterstützt den Bau der Waffen sowohl finanziell als auch mit dem nötigen Know-How. Hamas-Mitglieder werden zudem im Iran und im Libanon ausgebildet.
Die Reaktionen in der deutschen Presse und vor allem der radikalen Linken auf die Eskalation machen, wie schon bei früheren Konflikten, den antizionistischen Konsens in großen Teilen der deutschen Bevölkerung deutlich.
Gerade mal eine Woche nach dem in diesem Jahr abgesagten Qudsmarsch, der sonst jährlich unter unsäglichen antisemitischen Parolen, Transparenten und Drohungen in Berlin abgehalten wird, sind für den morgigen Samstag, den 15. Mai, mehrere Demonstrationen angemeldet. Diese finden unter dem Schlagwort der „Nakba“ statt, womit die Gründung des Staates Israel 1948 als „große Katastrophe“ für die Palästinenser*innen bezeichnet wird. Von diesen Aufmärschen, die dieses Wochenende voraussichtlich nicht nur in Berlin, sondern in etlichen Städten drohen, ist das Schlimmste zu erwarten. Denn bereits in den vergangenen Tagen wurde der Nahostkonflikt von meist muslimischen Antisemit*innen zum Anlass genommen, ihren unverhohlenen Judenhass Bahn brechen zu lassen:
In Bonn und Münster wurden Synagogen angegriffen, in Düsseldorf wurde der Gedenkstein der alten Synagoge in Brand gesetzt. Vor der Gelsenkirchener Synagoge brüllte ein Mob unter Beteiligung türkischer Faschist*innen immer wieder „Scheiß Juden“. In Pankow versuchten Antisemit*innen, eine am Rathaus angebrachte Israel-Fahne mit einer brennenden Mülltonne anzuzünden. Aus weiteren Bezirken und Städten gab es Nachrichten, dass Fahnen, die zum Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der BRD und Israels angebracht wurden, zerstört oder gestohlen wurden. Die Liberale Jüdische Gemeinde Hannover und etliche andere erhielten Drohanrufe und weitere Hassnachrichten. Die sozialen Medien werden von antisemitischem Hass und massiven Falschmeldungen überflutet. Und das ist nur eine knappe Zusammenfassung dessen, was innerhalb der letzten 72 Stunden passiert ist. Es ist klar: Jüd*innen sind derzeit weder auf der Straße noch in Gebetshäusern sicher. Ihnen gilt unsere bedingungslose Solidarität.
Bisher liegen keine Anmeldungen für Gegenproteste in Hör- und Sichtweite des sog. Nakba-Tages in Berlin vor. Auch unser Bündnis musste sich nach langem Überlegen aus verschiedenen Gründen dazu entscheiden, selbst keine Anmeldung vorzunehmen. Die zwei maßgeblichen Gründe wollen wir hier darlegen:
Zunächst liegt dieser Entscheidung die bittere Erkenntnis zugrunde, dass wir schon für unsere Proteste gegen Antisemitismus, Islamismus und das iranische Regime jedes Jahr aufs Neue kaum Rückhalt in der radikalen Linken erhalten. Während zu jeder Nazi-Demo mobilisiert wird, herrscht angesichts der islamistischen Umtriebe und der antisemitischen Vernichtungsphantasien des Irans Schweigen. Das kümmert uns meist recht wenig, wenn es darum geht, die Proteste gegen den Qudstag zu organisieren. Hinzu kommen jetzt jedoch reale Sicherheitsbedenken: Wir sehen uns nicht in der Lage, die Teilnehmenden einer möglichen Gegenkundgebung ausreichend zu schützen. Ähnliche kurzfristige Gegenmobilisierung gegen antisemitische Demonstrationen in Berlin zeigten, dass mit einem hohen Aggressionspotential gegenüber jüdischen und israelsolidarischen Menschen gerechnet werden muss. Einen entsprechenden Schutz erhoffen wir uns nicht von der Polizei. Wir als Bündnis sind so kurzfristig nicht in der Lage, ihn zu gewährleisten. Sollten in den kommenden Tagen Veranstaltungen gegen jeden Antisemitismus in Berlin stattfinden, werden wir euch darüber informieren und zur Teilnahme aufrufen.
Wir sind in Gedanken bei den Betroffenen antisemitischer Gewalt und bei den Menschen in Israel.
Wir hoffen, dass die Hamas und ihre Verbündeten im Iran besser früher als später auf dem Müllhaufen der Geschichte landen und den Weg frei machen für einen friedlichen und demokratischen Nahen Osten.