Redebeitrag zum Sexismus und Schwulenfeindlichkeit der „Alternative für Deutschland“, gehalten im Antifa-Block der Blockupy-Demonstration am 17.05.2014 in Berlin.
Die „Alternative für Deutschland“ hat gute Aussichten sich in der BRD als erste Partei rechts der CSU zu etablieren. Am 25.Mai wird sie ins Europa-Parlament einziehen. Der AfD wird zu Recht unterstellt die Europäischen Union aus einer nationalchauvinistischen Begründung heraus abzulehnen, rassistische Positionen in der Einwanderungspolitik zu vertreten und eine menschenfeindliche Leistungsideologie voranzutreiben. Häufig nur am Rande verhandelt wird in der Kritik an der Partei jedoch ein weiterer grudliegender Baustein in ihrem politischen Fundament. Homophobie und insbesondere ein ausgeprägter Antifeminismus bilden neben dem Glauben an den starken Nationalstaat den verbindenden Kitt zwischen den unterschiedlichen Flügeln der AfD. Das Hochalten vermeintlich natürlicher Rollen- und Familienbilder geht einher mit der Bekämpfung jeglicher Lebensentwürfe jenseits von Heteronormativität und Reproduktionszwang. In der reaktionären Geschlechterpolitik der AfD treten ideologische Versatzstücke der „Neuen“ und extremen Rechten deutlicher zu Tage als in jedem anderen Politikfeld.
Ob Parteichef Luckes öffentliche Kritik am Bekenntnis eines Ex-Profifußballers zu seiner
Homosexualität, die Beteiligung an den Demos gegen sexuelle Vielfalt als Unterrichtsinhalt in Baden-Württemberg oder die Forderung nach der Abschaffung des Faches „Gender Studies“ an Universitäten in Sachsen, aus ihren Positionen macht die Partei keinen Hehl. Für einiges Aufsehen sorgte vor einigen Wochen eine Facebook-Kampagne der „Jungen Alternative.“ Unter dem Motto „Gleichberechtigung statt Gleichmacherei“, sollte der „gesunde Menschenverstand“ gegen die „Ideologie“ Feminismus in Stellung gebracht werden. Mitglieder der Parteijugendorganisation hielten unter dem Label der Vernunft fragwürdige Statements in die Kamera. Während eine Teilnehmerin freimütig bekundet, sie sei keine Feministin, weil sie sich gerne die Tür aufhalten lasse, begründet eine andere ihre Position klassisch neoliberal: Sie werde ihre Ziele durch Leistung erreichen und brauche keine Quote. Ein Jung-Afdler verteidigt die Verbannung von Mama an den heimischen Herd als Ausdruck seiner Wertschätzung für wahre Weiblichkeit. Gemein haben die Botschaften eine verstörende politische Naivität und die konsequente Negierung fortbestehender gesellschaftlicher Ungleichheit. Sinnigerweise werden als eine Wurzel des Übels zielsicher von der EU initiierte Gleichstellungsrichtlinien ausgemacht.
Ein Schwergewicht der Anti-Gleichstellungspolitik findet sich in der AfD-Liste für die Europa-Wahlen auf einem Spitzenplatz wieder. Die Berliner AfD-Politikerin Beatrix von Storch leitet mit dem Verein „Zivile Koalition“ gleichzeitig eine weit verzweigte Kampagnenorganisation. Die rechte Netzwerkerin von Storch verantwortet dort Kampagnen gegen die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe und plant ihren Feldzug gegen die Gleichstellung der Geschlechter. Das so genannte Gender Mainstreaming gilt ihr als Ausdruck staatlicher Umerziehung und Verkörperung einer „widernatürlichen Genderideologie.“ Dass das Selbstbestimmungsrecht von Frauen* über ihren Körper im Fall einer Schwangerschaft ihr ebenso ein Dorn im Auge ist, verwundert da wenig. Seit Jahren unterstützt ihr Verein den „Marsch für das Leben“ von christlichfundamentalistischen Abtreibungsgegner_innen in Berlin. So lief Beatrix von Storch im vergangenen Jahr in der ersten Reihe des Kreuzzuges, deren Teilnehmer_innen jeden Schwangerschaftsabbruch als „Völkermord im Mutterleib“ verteufeln.
Beatrix von Storch ist nur eine – wenn auch einflussreiche – Vertreterin eines erzkonservativen –homophoben Milieus, dass in der AfD immer mehr an Einfluss gewinnt. Trotz des eindeutigen theoretischen Ursprungs ihrer Schlagworte, kann diese Strömung auf eine steigende Zustimmung in breiten Schichten der Bevölkerung hoffen. Nicht zuletzt die Diskussion über homosexuellenfeindliche Gesetze und die Verschärfung des Abtreibungsrechts in mehreren europäischen Ländern zeugen von einem europaweiten antifeministischen Backlash. Eine emanzipative radikale Linke muss diesem nicht nur zur Europawahl etwas entgegen setzen.
Dabei gilt es nicht aus dem Blick zu verlieren, dass das eigentliche Ziel ein viel größeres sein muss:
Die patriarchale Einrichtung der bürgerlichen Gesellschaft zu zertrümmern. Eine Gesellschaft zu erkämpfen, in der alle ohne Angst verschieden sein können. So viel Bescheidenheit muss sein. Sexismus ist keine Alternative- Emanzipation satt Bevormundung – Für den Feminismus!