REDEBEITRAG zum Pabstbesuch 2011

Redebeitrag zu Katholizismus und Antisemitismus, gehalten auf der Demonstration gegen den Besuch des Pabstes Joseph Alois Ratzinger in Berlin 2011.

Antisemitismus ist kein Phänomen der katholischen Kirche, gleichwohl lohnt es sich einige Worte zum Thema zu verlieren. Antijudaismus ist beinahe so alt wie die katholische Kirche selbst. Seinen Ursprung und zugleich sein zentralstes Motiv hat der christliche Antijudaismus im Vorwurf des Christusmordes. Ein Vorwurf, der wie Umfragen belegen, bis heute von vielen Christ_innen geteilt wird. Antijudaismus gewann im Christentum ab dem 2.Jahrhundert immer mehr an Bedeutung. Er
diente vielfach als Instrument der Abgrenzung gegen jene Religion aus der das Christentum entstanden war.
So dauerte es nicht lange bis sich dieser Antijudaismus auch gewalttätig äußerte. So wurden etwa die Kreuzzüge genutzt, um hemmungslos gegen die vermeintlichen Christusmörder und Feinde des Christentums vorzugehen. Dabei wurde in ganzen Landstrichen die jüdische Bevölkerung ausgelöscht. Die Feindschaft gegen Jüdinnen und Juden zementierte sich aber auch in den Institutionen der Amtskirche. Im Jahre 1215 legte das 4.Laterankonzil fest, dass Jüdinnen und Juden
in der Öffentlichkeit einen spitzen Hut und einen gelben Fleck tragen müssen. Sie durften fortan noch nicht ein Mal mit Christ_innen gemeinsam an einem Tisch essen.

Viele Motive des modernen Antisemitismus sind dem christlichen Antijudaismus entnommen. Auch wenn ersterer wesentlich weiter geht und gleich ein komplettes und falsches Welterklärungsmodell mitliefert. Ein Beispiel ist die in antisemitischen Denkstrukturen klassischer Weise vorgenommen Identifizierung von Jüdinnen und Juden mit Macht und Geld. Diese gehörte bereits in der christlichen Sozialethik des 12.Jahrhunderts zum guten Ton. Das Geldverleihen mit Zinsen wurde im kirchlichen Sprachgebrauch mit dem abwertenden Begriff „judaicare“ belegt.


Auch die zeitgemäßen Spielart des Antisemitismus, der Antizionismus greift in vielerlei Hinsicht auf den christlichen Antijudaismus zurück. Wenn etwa bei vermeintlichen „Friedensdemonstrationen“ Schilder in die Höhe gestreckt werden, auf denen etwas von „blutgierigen Zionisten“ die Rede ist, wird eindeutig auf die „Ritualmordlegende“ Bezug genommen. Ein alter Hut tief aus der Mottenkiste des christlichen Antijudaismus, der Jüdinnen und Juden anlastet christliche Kinder zu entführen, um diese zu rituellen Zwecken zu töten.

Auch beim Thema Antisemitismus lässt Joseph Alois Ratzinger in seiner Rolle als Papst Benedict XVI. kaum eine Gelegenheit aus, um negativ aufzufallen. 2009 nahm Ratzinger die Exkommunikation von vier Bischöfen zurück, die der so genannten Piusbrüderschaft angehören. Die Piusbrüderschaft ist eine fundamentalistische Splittergruppe innerhalb der katholischen Kirche, die immer wieder durch Demokratiefeindlichkeit, Homophobie, Sexismus und Kontakte zu rechten Gruppierungen von sich Redeb macht. Ihr Mitglied Richard Williamson leugnete wiederholt der Holocaust und bezeichnete die „Protokolle der Weisen von Zion“, das Machwerk antisemitischer
Verschwörungstheorien schlechthin, als wahre Informationsquelle. Seit dem Amtsantritt von Joseph Ratzinger hat sich die Beziehung von römisch-katholischer Kirche zum Judentum zunehmend abgekühlt. Der deutsche „Papst“ machte beispielsweise die traditionelle
Karfreitagsfürbitte wieder zum Bestandteil katholischer Messen. Die Fürbitte besagt nichts anderes als das die Juden als Ungläubige und vom waren Glauben Abgefallene „gerettet“ gehören. Der Gedanke der „Judenmission“ hat seine Wurzel zweifelsfrei im mittelalterlichen Antijudaismus der katholischen Kirche.
Die Politik Ratzingers verkörpert prototypisch die Kontinuität des christlichen Antisemitismus. Er ist integraler Bestandteil des reaktionären Weltbildes der katholischen Kirche – bis heute. Wir
setzen dem entgegen:

Gegen jeden Antisemitismus – Für die befreite Gesellschaft

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