Спасибо! Thank you! Merci! – 28. April: Tag der Befreiung NeuköllnsAm 24. April 1945 überschritten die ersten Einheiten der Roten Armee die Südgrenze Neuköllns. Die letzte Gegenwehr von deutschen Verbänden in Neukölln konnte am 28. April 1945 gebrochen werden. Der Sieg der Alliierten bedeutete das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Neukölln und die Befreiung für Zwangsarbeiter_innen sowie Jüdinnen_Juden. Schließlich bedeutete der Sieg der Roten Armee auch die Befreiung für die Widerstandskämpfer_innen der verschiedenen sozialdemokratischen, kommunistischen und liberalen Gruppen.
In diesen Tagen können viele geplante Veranstaltungen des Gedenkens leider nicht in der gewohnten Art und Weise stattfinden. Daher haben wir uns dazu entschlossen, ein Projekt der Feierlichkeiten und des Gedenkens aus dem vergangen Jahr erneut aufzugreifen und zu ergänzen:
Auch diese Jahr werden wir euch hier rund um den morgigen Tag der Befreiung Neuköllns am 28. April jeden Tag einen historischen Ort im bezirk vorzustellen. Es sind Orte von jüdischem Leben, Verfolgung und Widerstand. Beginnen wollen wir mit der kommunistischen Widerstandsgruppe um Heinz Kapelle und Elli Fuchs.
Dabei vergessen wir nicht, dass Antisemitismus, Rassismus und Neonazismus Teil des bundesdeutschen Alltags sind.
Unser Dank heißt auch weiterhin Krieg den deutschen Zuständen!
Wohnung von Heinz Kapelle [Weserstraße 168]
In der Weserstraße 168 lebte bis zu seiner Verhaftung am 15. Oktober 1939 der junge Kommunist Heinz Kapelle. Um den leidenschaftlichen „Sportler und und begeisterter Motorradfahrer“, wie ihn sein Genosse und enger Weggefährte Erich Ziegler später beschrieb, gründete sich 1937 eine kleine Widerstandsgruppe. Bereits drei jahre zuvor war der Buchdrucker Kapelle wegen Verbreitens von illegalen Schriften verhaftet und verurteilt worden. Durch den Kontakt zu anderen NS-Gegner_innen konnte die Neuköllner Widerstandsgruppe in kürzester Zeit ein breites Untergrund-Netzwerk in ganz Berlin aufbauen, denen zwischenzeitlich rund 60 junge Menschen angehörten.
Ihre Hauptaktivitäten bestanden in dem Verteilen von Flugblättern in den zahlreichen Betrieben der Stadt, die sie Anfangs noch von, im Exil lebenden Genoss_innen erhalten hatten. Sehr schnell wurden weitere Flugblätter in Berliner Druckereien nachgedruckt. Als Versteck für die Materalien und heimlicher Treffpunkt der Gruppe diente u.a. die Leihbücherei von Elli Fuchs, die sich nicht weit entfernt von Heinz Kapelles Wohnung in der Weserstraße 177 befand.
Kurz nach Kriegsbeginn im September 1939 verteilte die Widerstandsgruppe um Kapelle tausende Flugblätter in Berlin, die die Bevölkerung zum Widerstand gegen die Angriffspläne der Nazis aufrief. Die Gestapo stand unter erheblichen Druck, hatte sie doch große Mühe die Quelle der Flugblätter zu ermitteln. In einer großen Aktion wurden daher alle Druckereien der Stadt durchsucht. Nur durch einen Zufall kamen sie dabei auf Heinz Kapelle. Bei Durchsuchungen in seiner Wohnung und der nahen Leihbücherei wurden Flugblätter und weiteres Untergrundmaterial sichergestellt. Am 15. Oktober 1939 wurde Heinz Kapelle verhaftet. Zwei Tage später folgte sein Genosse Erich Ziegler.
Zwei Jahre nach Zerschlagung der Widerstandsgruppe und zahlreichen Misshandlungen, fand am 20. Februar 1941 der Prozess am Volksgerichtshof statt. In den, bereits vorher feststehenden Urteilen, wurden Heinz Kapelle und fünf weitere Genoss_innen, u.a. die ebenfalls aus Neukölln stammende Leihbuchhändlerin Elli Ziegler (früher Fuchs) und der Druckereihilfsarbeiter Kurt Ende, angeklagt.
Heinz Kapelle als Kopf der Gruppe, wurde zum Tode verurteilt und am 1. Juli 1941 in Plötzensee hingerichtet. Die anderen Angeklagten bekamen mehrjährige Haftstrafen und mussten teilweise nach der Haft in Zwangsarbeit.
Heute erinnert eine Gedenktafel am Haus Weserstraße 168 an den Widerstandskämpfer Heinz Kapelle. Vom Gebäude, in dem sich die Leihbücherei von Eli Fuchs befand ist nichts mehr übrig. Heute ist dort ein Spielplatz.